Deutsche Sender und Produzenten fragen sich schon seit Jahren, warum ihre Serien nicht mehr funktionieren: Was nicht längst etabliert ist, wird vom Publikum nicht akzeptiert. Ein Blick in die neue amerikanische Serie “Good Wife” könnte helfen.
Hierzulande verweist man immer auf die ungleich höheren Budgets der US-Produktionen. Das Geheimnis des Erfolgs jedoch sind die hervorragenden Geschichten. Schon der Prolog von “Good Wife” hat mehr Brisanz, als sich eine durchschnittliche deutsche Serie je trauen würde: Ein Staatsanwalt stolpert über eine Sexaffäre. Der moralische Fehltritt bereitet ihm allerdings weniger Sorgen als der Vorwurf, er habe öffentliches Geld veruntreut. Dass seine Frau das genau andersrum sehen könnte, kommt ihm nicht in den Sinn. Und das ist bloß die Vorgeschichte, die gewissermaßen das ethische Fundament der Heldin verdeutlichen soll: Alicia Florrick, verkörpert vom früheren “Emergency Room”-Star Julianna Margulies, kehrt in ihren Beruf als Prozessanwältin zurück und bekommt auf Probe einen Job in einer angesehenen Kanzlei. Allerdings schleppt sie nicht nur das prominente Gepäck der Affäre ihres Mannes (Chris Noth, der Mr. Big aus “Sex and the City”) mit sich rum, sie hat auch über zehn Jahre nicht mehr gearbeitet: Die Kollegen sind entweder halb so alt und dafür doppelt so ehrgeizig oder aber in hohem Maße skeptisch und zu allem Überfluss auch eifersüchtig auf ihre ersten Erfolge.
Der Reiz der Serie liegt in der Vielschichtigkeit: Alicia muss auf allen Ebenen kämpfen. Niemand begegnet ihr unvoreingenommen; wer nichts gegen sie persönlich hat, hasst dafür ihren Mann und überträgt das auf sie. Trotzdem schneidet sie gleich beim ersten Fall unerwartet gut ab, weil sie rausfindet, dass die Polizei in einer Mordsache ein entscheidendes Beweismittel für unwichtig hielt; außerdem gelingt es ihr, den Hauptbelastungszeugen zu demontieren.
In den USA wurde “Good Wife” zu Recht vielfach ausgezeichnet und seit seinem Start im vergangegen Herbst von einem Dutzend Sender rund um den Globus übernommen – kein Wunder also, dass CBS bereits die zweite Staffel bestellt hat.
Bei uns gibt’s die Serie Mittwochs um 22:15 auf Pro7 zu sehen.