Stundenlang im Internet surfen, mit Freunden aus der ganzen Welt chatten, endlose Mittagspausen, munteres Plaudern mit Arbeitskollegen – die Vorstellung vom süssen Nichtstun bei der Arbeit klingt verlockend.
Doch was auf den ersten Blick attraktiv klingen mag, entpuppt sich in Tat und Wahrheit als grosses Problem. Wochenlanges Däumchendrehen und Stunden absitzen führt zu grosser Unzufriedenheit. Nicht nur Stress und Burn-out, auch Unterforderung und Langeweile im Job machen krank.
Der Begriff Bore-out ist eine Kreation der Schweizer Autoren Philippe Rothlin und Peter Werder[1]. Die beiden Unternehmensberater haben sich intensiv mit der Thematik auseinander gesetzt und eine aktuelle Publikation zum Thema verfasst. Der nachfolgende Text bezieht sich mehrheitlich und wenn nicht anders vermerkt auf das von ihnen verfasste Werk¹.
Was ist Bore-out?
Bore-out bedeutet soviel wie „ausgelangweilt sein“. Es ist somit das Gegenteil von Burn-out (ausgebrannt sein). Gemäss den Begriffs-Gründern Rothlin und Werder besteht Bore-out aus den drei Elementen Unterforderung, Desinteresse und Langeweile am Arbeitsplatz.
Jeder zehnte Arbeitnehmer in der Schweiz fühlt sich unterfordert[2]. Die Unterforderung kann einerseits quantitativ sein, indem der Arbeitnehmer nicht genug Arbeit bekommt, oder er kann qualitativ unterfordert sein. In diesem Falle bekommt er nicht genug herausfordernde Aufgaben.
Ein Desinteresse entsteht oft dann, wenn sich der Arbeitnehmer nicht genug mit dem Unternehmen oder der Branche identifiziert. Die Probleme des Unternehmens sind ihm gleichgültig.
Langeweile kann ein Zustand der Lustlosigkeit, Ratlosigkeit oder gar Verzweiflung sein, weil keine Ideen da sind, was man tun soll, weil es nichts zu erledigen gibt.
Problematik
Personen mit Bore-out sind mit ihrer Situation am Arbeitsplatz unzufrieden, da sie wenig leisten können und noch weniger Anerkennung erhalten. Das Paradoxe am Phänomen Bore-out ist jedoch, dass der Arbeitnehmer genau diese Unzufriedenheit aufrecht hält, anstatt Schritte zur Verbesserung einzuleiten. Dazu benutzt er Verhaltensstrategien, die helfen sollen, bei der Arbeit ausgelastet zu wirken, obwohl dies gar nicht der Fall ist.
Die von Werder und Rothlin in ihrem Buch beschriebenen Strategien sollen helfen, bei der Arbeit beschäftigt zu wirken. Während Burn-out-Geplagte Stress tatsächlich erleben, täuschen unterforderte Arbeitnehmer diesen nur vor, um sich Arbeit vom Leibe zu halten, um zu freier Zeit für sich am Arbeitsplatz zu kommen oder aus Angst vor Arbeitsplatzverlust.
Dem Bore-out Betroffenen Faulheit zu unterstellen, ist aber zu kurz gegriffen. Vielmehr werden sie faul gemacht, etwa weil ein Chef nicht delegieren kann und alle interessanten Arbeiten für sich selber beansprucht, oder wegen eifriger Mitarbeiter, die anderen die Arbeit wegnehmen.
Bore-out – mögliche Folgen
Die Folgen von Bore-out sind nicht weniger drastisch als diejenigen von Burn-out. Langanhaltendes Nichtstun und ständiges Vorgaukeln, man sei beschäftigt, ist anstrengend. Unzufriedenheit macht sich breit, Herausforderung und Anerkennung fehlen. Das Selbstwertgefühl wird enorm beeinträchtigt. Unterforderung führt zu Lustlosigkeit, Müdigkeit, Gereiztheit und Frustration. Je nach Situation kann es gar bis hin zu depressionsähnlichen Zuständen führen. Unterforderung ist deshalb genauso schlimm wie Überforderung, nur weniger sichtbar.
Wie lässt sich Bore-out vermeiden?
Philippe Rothlin und Peter Werder raten, in Bezug auf die Arbeit vor allem auf drei Elemente zu achten: Sinn, Zeit und Geld. Die Arbeit soll persönlichen Sinn stiften und herausfordernden und interessanten Inhalts sein. Auch die Work-Life-Balance ist wichtig. Ein Viel an Arbeit fordert ein Viel an Ausgleich. Ebenso empfehlen die beiden Autoren, den Lohn zu maximieren, dabei den Interessensaspekt aber nicht aus den Augen zu lassen. Nur bei gleich starker Gewichtung aller drei Elemente lässt sich den Autoren zufolge ein Bore-out von vornherein ausschliessen.
Check: „Leiden Sie an Bore-out?“
Wenn Sie mehr als vier Fragen mit Ja beantworten, leiden Sie am Bore-out oder Sie sind auf dem Weg dazu.
* Erledigen Sie private Dinge während der Arbeit?
* Fühlen Sie sich unterfordert oder gelangweilt?
* Tun Sie ab und zu so, als ob Sie arbeiten würden – tatsächlich haben Sie aber nichts zu tun?
* Sind Sie am Abend müde und erschöpft, obwohl Sie überhaupt keinen Stress hatten?
* Sind Sie mit Ihrer Arbeit eher unglücklich?
* Vermissen Sie den Sinn in Ihrer Arbeit, die tiefere Bedeutung?
* Könnten Sie Ihre Arbeit eigentlich schneller erledigen, als Sie dies tun?
* Würden Sie gerne etwas anderes arbeiten, scheuen sich aber vor dem Wechsel, weil Sie dabei zu wenig verdienen würden?
* Verschicken Sie während der Arbeit private E-Mails an Kollegen?
* Interessiert Sie Ihre Arbeit nicht oder wenig?