Ein Blick ins Gesicht von Leigh Anne Tuohy, schon sind alle Vorurteile gegenüber reich verheirateten Vorstadtamerikanerinnen da. Ihr Terminplan für den Tag scheint auf der Hand zu liegen: morgens Aerobic mit dem persönlichen Fitnesstrainer, anschließend Maniküre und ein Friseurtermin zum Ansatzfärben, nachmittags Tratsch mit den Nachbarinnen in der Lounge des Golfclubs und abends Auftritt als Gattin bei einem geschäftlichen Sektempfang.
Sandra Bullock, die für die Darstellung der Leigh Anne Tuohy mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, spielt ihre vielleicht beste Rolle – und sich damit nach einigen eher schwachen Auftritten zurück in die Oberliga Hollywoods. Auch die übrige Besetzung macht Freude, Kathy Bates als Privatlehrerin Miss Sue ebenso wie das bezaubernde Nachwuchstalent Lily Collins.
Schade nur, wie einseitig der Film angelegt ist. Michaels Eigenbeitrag zu seiner Entwicklung bleibt unbeachtet. Ohne die Tuohys hätte er nie ein Stadion gesehen. Geld und Nächstenliebe machen gleichwohl keinen Footballstar. Kein Wunder, dass der echte Oher sich nicht zu dem Werk äußert. Kränkend beschränkt kommt der Koloss im Film daher. Enttäuschender noch, dass Hancock die Gelegenheit ungenutzt lässt, ein bisschen weiter wegzuzoomen. Michael bekommt die Chance, die er verdient und die Tuohys lassen sich als Wohltäter feiern. Eine Win-win-Situation also. War’s das? Augenscheinlich ruhen sich die Tuohys auf ihrer guten Tat aus. Wie Passanten, die die Annahme von Unicef-Flyern verweigern, weil sie schon für Greenpeace spenden. Dabei hätte der Film helfen können, ein Bewusstsein für verkümmernde Talente wie Michaels zu wecken. Und eine Chancengleichheit zu fordern, die nicht bloß auf dem Papier besteht.