Die Clubszene der Limmatstadt erlebt ihre turbulenteste Zeit seit Jahren: diverse mehr oder weniger ruhmreiche Locations schliessen dieser Tage für immer oder öffnen ihre Tore in neuem Gewand und mit ebenso neuem Konzept. Erstaunlich ist dies nicht: die Clubdichte in Zürich übertrifft jene von Millionenstädten wie Tokyo oder Los Angeles bei weitem, und wer überleben will, muss sich ganz schön etwas einfallen lassen. Wir informieren Euch nun umfassend, wer geht und wer kommt!
Rohstofflager: Pioniergeist und Weltstars
Nach 13 Jahren wird eine der letzten frühen Zürcher Brutstätten elektronischer Musik für immer das Zeitliche segnen: das Rohstofflager ist ab 19. September Geschichte. Jeff Mills, Chris Liebing, Adam Beyer, DJ Hell, Richie Hawtin, Miss Kittin, Green Velvet, DJ Rush, Eric Prydz, Aphex Twin, Roni Size, LTJ Bukem – sie alle feierten ihr Schweizer Debut neben dem ehemaligen Cinemax, in Oerlikon oder auf dem Toni-Areal. Viele von ihnen kehrten dank ausserordentlicher Betreuung und der einmaligen Atmosphäre gerne und oft auch mehrmals zurück. Das “Röschti” weicht nun einer Grossbaustelle und wird keinen vierten Locationwechsel erleben. Noch braucht keiner in Wehmut zu versinken: bis zur Schliessung stehen vier Anlässe mit Top-Acts an (http://zuerich.usgang.ch/location/rohstofflager), und auch danach ruht das Team Rohstoff nicht und bringt mit Pendulum die wohl zur Zeit angesagteste Drum’n’Bass/Break-Band ins X-Tra!
Valzer: Can I get an Encore? Hell yeah!
Universal-Boss Ivo Sacchi ist offenbar kein Mann, der sich auf seinen Lorbeeren ausruht. Nicht nur die Donnerstags-Parties in seinem Valzer waren oft Schauplatz gepflegter Banker- und Werber-Abstürze. Dennoch eröffnet in denselben Räumlichkeiten, die zuvor schon das Shortys, das Herb und das legendäre Luv beherbergten, ein brandneuer und komplett umgebauter Club: das Encore. Mit an Bord geholt hat sich der Plattenlabel-Chef zwei erfahrene Männer: mit Raphael Nogara und Jens Krauer stehen zwei international vernetzte Macher mit Leistungsausweisen am Ruder, die, so Nogara, “eher exzessives als exklusives” Feiern in Aussicht stellen. Wenn man munkeln hört, wer dort so alles als Veranstalter oder DJ wirken wird (wir verraten Genaueres noch früh genug), kann man dem guten Gewissens Glauben schenken!
Q Zürich: from the dark to the sunny side
Wer hätte das gedacht. Das ehemalige Minimal und Tech-House Mekka names Q hat einen Totalumbau hinter sich. Gebäudetechnisch auch, ja (beeindruckend: die gigantische LED-Decke und eine der besten Soundanlagen weit und breit). Vor allem aber steht punkto (Musik-) Konzept kein Stein mehr auf dem andern. Auch hier sind (neue) Männer vom Fach am Werk, unter anderem Fresh & Stable Boss Fridolin Hauser, Robin Donat (ex Adagio Berlin) und Le Noir. Und die haben einiges im Köcher: nach Armand van Helden am Eröffnungswochenende steht im September ein DJ-Set der Rocker von Franz Ferdinand an, und ebenfalls in naher Zukunft Auftritte von Grandmaster Flash, Sleeper, Leeroy Thornhill (ex The Prodigy) und D-Nox & Beckers (mehr zum Programm hier). Auch das Publikum am ersten Weekend machte Spass. The sunny side of clubbing, halt!
Vertigo: ein Multi-Millionen Missverständnis
Ein exklusives Liege-Restaurant, das später abends ein high class Club sein soll – das war die Ambition hinter dem 2006 eröffneten Vertigo, das im ehemaligen Kino Academy Quartier bezog. Die Fusion wollte nicht so recht gelingen, die Anhängerschaft blieb eher spärlich, Lärmemissionsprobleme waren zu beklagen. 2009 baute man um, installierte Lärmschutzwände und eine neue Geschäftsführung. Mittlerweile hatte die Location am Hirschenplatz unbestätigten Quellen zufolge soviel Geld verschlungen wie ein kleines Fussballstadion. Das Programm blieb ein Durcheinander, die zuvor imposante Optik war dahin, der Ruf bald auch. Sang und klanglos schloss man im Juli dieses Jahre für immer seine Tore.
Für immer? Zumindest fraglich. Leerstehende Lokale, die sich als Clubs eignen, sind gesucht. Erfolgreiche Betreiber wollen expandieren, Neureiche investieren. Solange sie mit ehrlicher Arbeit innovative Konzepte auf die Beine stellen, und Zürichs Ruf als eine der weltweit interessantesten Städte punkto Nightlife unterstützen, soll es uns recht sein!