Das Muse Konzert: Musik gewordener Grössenwahn mit einer gehörigen Portion Bombast und Pathos.

Die britische Band startete im Berner Stade de Suisse ihre Stadiontour und begeisterte die 35’000 Konzertgänger mit einer aufwändigen und pompösen Show.

Zuvor hatten The Big Pink und Editors den Abend eröffnet. Während The Big Pink auf der grossen Bühne etwas verloren schienen, schafften es die Editors spielend, diese zu füllen. Mit Racing Rats und Papillon spielten sie unter anderem zwei Songs, die für Stadien gemacht sind und dies ohne grosse Show, wie sie Mitte April 2010 etwa im Kofmehl Solothurn zu sehen war.

Um 20.20 Uhr stürmten dann etwa 70 Demonstranten die Bühne, begleitet von Sirenen und ausgestattet mit Bannern und Transparenten, mit welchen sie zum Aufstand aufriefen. They will not control us, They will not degrading us und ähnliche Parolen waren zu lesen. Die Band war relativ spontan auf diese Idee gekommen und liess erst Anfang Woche nach Statisten suchen für diese Show-Einlage. Mit der Demonstration wurde der Opener Uprising eingeleitet. Die Stimmung war erwartungsgemäss an einem ersten Höhepunkt angelangt.

Es folgten Supermassive Black Hole und das grossartige New Born vom Album Origin Of Symmetry. Dass gerade die älteren Songs beim Publikum besser ankommen, ist kein Wunder. Erst vor kurzem erklärte Sänger Matt Bellamy in einem Interview, dass sich die Fans nur die alten Songs wünschen würden, wenn sie selber entscheiden könnten. Auch wenn die älteren Songs musikalisch spannender erscheinen, es waren vor allem die neuen Songs von The Resistance und Black Holes & Revelations, welche ihre volle Kraft im Stadium entfalten konnten, etwa Guiding Light oder United States Of Eurasia. Auch der Twilight-Song Neutron Star Collision (Love Is Forever) wurde gespielt und kam bestens an. Bei diesem Song haben Muse nicht nur bei Queen und Andrew Lloyd Webber geklaut, sondern auch bei sich selber. Den jungen Teenies, welche vermehrt an Muse-Konzerten anzutreffen sind, schien es zu gefallen. Der spannendste Song war Neutron Star Collision aber nicht.

Da konnten Muse bei Hysteria oder Feeling Good eher zeigen, welche musikalischen Talente in ihnen stecken. Zwar sind auch die neuen Songs musikalisch auf hohem Niveau, häufig sind sie aber überladen mit zu viel Pathos und die Emotionen kommen zu kurz. Undisclosed Desires und The Resistance waren beispielsweise solche Songs, die Muse gerne auch durch andere Songs hätten austauschen können. Sowieso wirkte die Show für Fans der ersten Stunde zu perfekt und die Setlist zu einseitig. Zwar hätte es nach der gewaltigen Show im Hallenstadion im November 2009 noch schlimmer kommen können, aber auch die neue Show, welche im Stade de Suisse zum ersten Mal gezeigt wurde, war alles andere als bescheiden. Ein riesiges Bühnenkonstrukt wurde am Stadionrand aufgebaut, für welches über 40 Lastwägen benötigt wurden. Mit dieser Bühne touren Muse nun diesen Sommer durch Europa.

Mit Starlight wurden dann auch alle neuen Muse-Fans befriedigt, bevor das Konzert mit Time Is Running Out einen weiteren Höhepunkt erreichte. Spätestens ab diesem Moment hatte die Band das Schweizer Publikum im Griff. Die Band war am Anfang der Show vielleicht noch etwas zurückhaltend, war es doch die erste grosse Show auf dieser Tour. Spätestens vor der ersten Zugabe gab es dann aber kein Halten mehr.

Die Band verabschiedete sich nach knapp 90 Minuten zum ersten Mal, um dann gleich mit Unintended zurückzukehren, dem einzigen Song vom Debütalbum Showbiz. Es folgte der erste Teil von Exogenesis, welches von einem grossen fliegenden UFO begleitet wurde. Im UFO kauerte eine Tänzerin, welche sich zu den sphärischen Klängen des Songs bewegte. Das UFO mag zwar schön ausgeschaut haben, etwas übertrieben war es aber trotzdem. Da man sich aber auf eine solche pompöse Show eingestellt hatte, waren auch die Überraschung und die Enttäuschung über den Kitsch nicht sehr gross.

Stockholm Syndrome machte alles wieder gut. Danach verabschiedete sich die Band ein weiteres Mal und kehrte nach einem Kostümwechsel – ja, auch dies gibt es neuerdings bei Muse – mit Take A Bow zurück. Mit Plug In Baby, einigen Ballonen und Knights Of Cydonia brachten Muse ihre Show nach knapp zwei Stunden zu Ende.

Es war eine gute Show mit meistens erstaunlich guter Soundqualität. Die Band könnte bestimmt noch etwas routinierter werden, aber schliesslich war es das erste Konzert dieser Tour und da kann man der Band verzeihen. Auch dürfte die Band noch an ihrer Interaktivität mit dem Publikum arbeiten. Ja, die Zeiten, als Muse im Abart vor 500 Leuten rockten, sind defintiv vorbei. Einerseits ist das schade, auf der anderen Seite ist ihr Werdegang eine logische Weiterentwicklung, die jede Band anstrebt. Muse sind nun da angelangt, wo sie hingehören, im Stadion, wo ihre Songs Platz haben und sich entfalten können. Einige alte Fans werden sie verlieren, dafür viele neue gewinnen.

Musik gewordener Grössenwahn mit einer gehörigen Portion Bombast und Pathos, das sind Muse heute. Wahre Emotionen bleiben zwar aufgrund der immensen Grösse meist auf der Strecke, ansonsten boten die Briten eine solide Show. Freddy Mercury hätte das nicht besser gemacht.

Setlist:
Uprising
Supermassive Black Hole
New Born
Map Of The Problematique
Neutron Star Collision (Love Is Forever)
Guiding Light
Hysteria
Nishe
United States of Eurasia
I Belong to You
Feeling Good
MK Jam
Undisclosed Desires
The Resistance
Starlight
Time Is Running Out
Unnatural Selection

Unintended
Exogenesis: Symphony Part I (Overture)
Stockholm Syndrome

Take A Bow
Plug In Baby

Knights Of Cydonia

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