Gimma – „Ich bin kein Trophäen-Jäger.“

“Über Brüste und Ärsche. Äußere und innere Schamlippen. Ich habe alles unterschrieben!“

Enfant terrible oder einfach nur Mensch? Gimma hat es in seiner Karriere nicht immer einfach gehabt. Von der Gesellschaft kritisiert und als „Rüppelrapper“ abgestempelt hat sich der mittlerweile auch schon 30jährige Superschweizer immer wieder an die Front der Chartplatzierungen gekämpft. Gefühlvoll und realistisch. Depressiv aber hoffnungsvoll. In seinem neuen Album setzt Gimma auf pure emotions und halt einfach „Mensch si“. Trotzdem. Der Churer Rapper lässt auf seinem Blog verkünden, dass er sich wegen persönlichen, aber vor allem gesundheitlichen Gründen eine Auszeit zieht und nicht mehr so schnell auf der grossen Bühne zu sehen sein wird.

Gimma kam kurz von Chur obeeee abe und sprach mit mir über seine neue Scheibe, was es für ihn bedeutet Mensch zsi und wo er neben Brüsten und Ärschen noch überall in seinem Leben als Schweizer Rapper unterschreiben durfte.

Das Interview

Gimma. Jetzt mal im ernst. Eigentlich geht dir doch noch viel beschissener wie es auf der CD zu hören ist, richtig?
Haha. Du fragst jetzt sehr direkt. Das ist auch gut so. Aber ja. Das ist richtig. Ich habe momentan eine wirklich schlechte Phase in meinem Leben erwischt. Ich bin im Moment nicht so in der Jubel und Hurra Stimmung. Dies schlägt sich dann auch auf die Interviews nieder.

Der Titel zu deinem neuen Album nennt sich „Mensch si“. Denkst du, dass man in der heutigen Gesellschaft ohne Alkohol und ohne Drogen überhaupt noch Mensch sein kann?
Ja. Das ist ohne Zweifel machbar und auch ohne Anstrengung möglich. Je nach dem was man für ein Typ Mensch ist. Ich kenne sehr viele Leute, die das können. Die weder trinken noch Drogen konsumieren. Aber ich kenne andererseits wieder Menschen, die beides machen. Wenn ich mich oder auch mein Umfeld anschaue, können diese Versuchungen aber auch ein sehr gutes Ventil sein um Stress und Druck abzubauen (Gimma schaut sein Bier auf dem Tisch an). Glaube mir, es hat jetzt unglaublich gut getan nach solchen Gesprächen wie heute ein Bier zu trinken. Ich bewältige meinen Stress oft auf diese Weise. Ich glaube nicht, dass es der Beste Weg ist, aber es ist einer, der für mich persönlich funktioniert. Solang das Ganze keine Überhand nimmt, ist es auch gut vertretbar.

Was heißt für Gimma „Mensch si“?
Für mich ist es einfach eine sehr introvertierte Angelegenheit. Die Leute sollen mich einfach in Ruhe lassen. Das ist meine Art von „Mensch si“. Ich gehe zu niemandem und Rede ihm in sein Leben rein. Das erwarte ich aber dann auch von ihnen. Außer es ist etwas extrem Imposantes und ich kann mich mit der Macht-der-Wörter einmischen. Zum Beispiel wenn ein Politiker wahnsinnig ist oder die Kirche irgendwelche Stories vertuscht. Dann ja. Ansonsten ist das für mich aber eine recht zurückgezogene Sache.

Gehört das glücklich sein auch zum „Mensch si“?
Glücklich sein. Tja. Das ist ein wenig schwieriger. Zum glücklich sein, muss man sich auf die Gesellschaft, sein Umfeld und die Mitmenschen einlassen können. Jetzt gerade ist das nicht wirklich meine Stärke. Ich fühle mich irgendwie im Moment nicht so ganz aufgehoben. Deshalb fällt es mir persönlich nicht ganz einfach hier und jetzt glücklich zu sein.

Ich rede nicht gerne über meine Vergangenheit. Es ist vergangen und das ist auch gut so. Während des texten wirst du aber andauernd mit deiner Vergangenheit konfrontiert, da sie schließlich Content deiner Lieder ist. Easy scheisse, nicht wahr?
Da muss ich jetzt vielleicht einen Haken schlagen. Ich greife nicht meine Vergangenheit auf sondern Themen aus der Vergangenheit. Explizit meine Vergangenheit behandle ich nicht in meinen Liedern. Logisch ist es möglich. Irgendwo kommen die Themen ja her. Anekdoten, die ich einflechte, haben schon einen Bezug auf mich und meine Geschichte. Ich denke nicht, dass es noch nötig ist, die Vergangenheit aufrollen zu lassen. Damals, als ich noch über Vergangenes sang, ging es mir auch darum, gegangen den Leuten meine Geschichten vor den Latz zu knallen und zu schauen, was damit passiert. Es hat auch schön funktioniert. Heute ist es aber so, dass ich mir was zusammenbastle. Ich nehme keinen Bezug mehr auf mich selbst.

Vor wenigen Tagen wurden die Nominierten für den Swiss Music Award preisgegeben. Unter anderem ist auch Rapper Bligg mit von der Partie. In seinem letzten Album „Bart aber herzlich“ hat auch er eher auf die Tränendrüse gedrückt und in die melancholische Kiste reingegriffen. Wie sieht es jetzt mit einem Duett aus?
Haha. Klar. Es ist interessant, dass wir es noch nie gemacht haben. Wir kennen uns ja schon seit Ewigkeiten. Es ist absolut nicht abwegig, dass wir einmal was zusammen machen. Ich könnte es mir sehr gut vorstellen und Bligg ist gut, extrem gut, wenn nicht der Beste. Ich könnte bestimmt auch davon profitieren. Ob er daraus Profit schlagen könnte, wäre dann wohl die andere Frage. Er ist schließlich an einem anderen Standort in seiner Karriere. Es wäre geil zu wissen, was er jetzt geantwortet hätte.

Ich frage ihn sonst nächstes Mal. (Du kommst doch wieder einmal auf ein Interview Bligg?)
Tu das.

Du bist ja auch nicht gerade unberühmt in der Schweiz. Man kennt dich schließlich. Wo durfte Gimma bereits seine Unterschrift platzieren?
Überall wo du dir vorstellen kannst.

Echt jetzt?
Ja. Aber es gibt viele Dinge, die ich nicht mehr unterschreibe. Körperteile, wenn du auf das anspielst. Es ist einfach schlecht für die Gesundheit, haha! (Jaja, der Gimma. Aber tätowiert ist er wie ein Großer! Ha!) Ja nein. Aber wenn man mit Filzstiften die Haut verziert, ist es nun mal ungesund. Punkt. Auch wenn man mir ein Zigarettenpäckli hinstreckt, muss ich sagen: neeee. Aber früher habe ich alles unterschrieben. Über Brüste und Ärsche. Äußere und innere Schamlippen. Ich habe wirklich alles unterschrieben!

Sehr schön!
Ja, aber in Zwischenzeit kann ich das auch nicht mehr ganz nachvollziehen. Haha.

Ich freue mich immer wie ein kleines Reh auf den Frühling, wenn ich in deiner Heimatstadt Chur in den Ausgang gehe. All die heißen Snowboarder-Jungs. Jammi. In Zürich sind die ja meistens rar vorhanden und erst noch geschleckt wie Opa in der Zigarrenfabrik. Auf was stehst du so?
Ohäää! So habe ich das auch noch nie gehört. Haha. Mein Typ von Frau? Mhh. Das sind vor allem intelligente Frauen (Gimma schaut mich ein wenig komisch an. Gehöre wohl für ihn nicht zu dieser Gattung Frau. Haha. Janu.).

Also schaust du in deinem Alter gar nicht mehr aufs Aussehen?
Doch! Klar schaue ich auch aufs Aussehen. Aber eine Frau kann noch so hübsch sein – wenn sie so dumm wie Brot ist, dann soll sie sich einen Schnittlauch suchen.

Oke. Es gibt aber sicher auch intellektuelles Fleisch in Chur.
Klar. Aber mich kennen doch alle in Chur. Eine schlechte Voraussetzung um jemand Neues kennen zu lernen. Meine letzten zwei Freundinnen waren aus Zürich und nicht von Chur. Ich glaube sogar ich habe noch nie eine Freundin gehabt, die aus Chur kam.

Aber du würdest auch nicht nein sagen.
Logisch nicht. Aber ich kenne diese Mädels. Das würde nicht hinhauen.

Ohä, alles klar. Schauen wir der Tatsache ins Gesicht. Du gehst auf die 40 zu.
Wasssss?!! Ich geh doch mit 30 noch nicht auf die 40 zu. Spinnts?

Ja gut. Dann halt auf die 35.
Haha. Omg!

Tja. Das Leben ist hart Gimma. Nun. Es sagen bestimmt auch viele: So Gimma, es wird langsam Zeit für Kinder.
Jetzt du auch noch. Meine Großmutter sagt das immer!

Haha. Meine Oma sagt das auch ständig. Und ich bin gerade mal 20.
Ahhh, dann können wir uns ja zusammen tun (war das jetzt ein illegaler Heiratsantrag? Haha.) Nein, aber im Moment sind Kinder kein Thema. Es ergibt sich einfach nicht. Mit 20 wollte ich wirklich Vater werden. Und inzwischen ist es eher so bääääää. Nein. Jetzt nicht.

Wie machst du Frauen im Ausgang an? Hast du ein immer-ziehenden Flirtspruch?
Das ist extrem einfach.

Tell me.
Ich sag einfach: He hallo, ich bin der Gian-Marco. Und that’s it.

Ah echt?
Ja. Aber was soll ich überhaupt anmachen? Es kennen mich ja alle. Haha! Nein. Jetzt im ernst. Also erstens, ich mache keine Frauen an. Und zweitens, ich geh ja nicht mal in den Ausgang. Wenn überhaupt lerne ich Frauen auf anderen Wegen kennen. Ich bin kein Trophäen-Jäger. Das Spiel ist langsam vorbei. Mit 30 ist es halt irgendwie ein wenig over und out.

Bauer, ledig, sucht. Auch schon einmal gedacht dort mitzumachen?
Haha, das ist lustig! Ich hatte Marco (Anmerkung der Redaktion: Marco Fritsche ist der Moderator der Sendung “Bauer, ledig, sucht”) einmal als Scherz gesagt, ich komme vorbei. Haha. Aber weißt du, ich suche ja nicht. Nach der letzten Beziehung habe ich gedacht: nääääääää.

Da hast du dir gesagt, jetzt konzentriere ich mich erst einmal auf mich selbst.
Nicht einmal das. Ich lasse es einfach dahin plätschern. Wenn irgendwas passieren sollte, dann ergibt sich das halt einfach.

Auf deinem Blog lässt du verkünden, dass es Zeit für eine Auszeit wird. Wie sehen die nächsten 6 Monate bei Gimma aus?
Es steht praktisch nix auf dem Plan. Ein wenig im Büro arbeiten. Keine Konzerte. Keine Auftritte. Ein wenig schreiben und erholen.

Just live.
Ja. Eigentlich schon.

Und fort war er. Danke Gimma für das Interview. War lustig mit dir zu quatschen. Und wer weiss, vielleicht meldet sich ja eine intellektuelle Frau über diesen Weg. Die schick ich dir dann per A-Post einmal nach Chur runter zur Probe. Auf jeden Fall – Halt die Ohren steif Alter!

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